Ziguri <tsiguri>. n. (Tarahumara Sprache) für Peyotl (Nahuatl). Mexikanische Pflanze, wissenschaftlich echinocactus Williamsii genannt. Das Ziguri enthält einen Alkaloiden, das Meskalin, welches die Eigenschaft hat, Halluzinationen hervorzurufen.    

Das Wort ZIGURI ist uns bei der Beschäftigung mit dem französischen Schauspieler, Dramatiker, Regisseur, Zeichner, Dichter und Theater-Theoretiker Antonin Artaud (* 4. September 1896 in Marseille; † 4. März 1948 in Ivry-sur-Seine) zum ersten mal begegnet.
Wir drei (Günter und Udo als Theatermusiker, Dieter als Schauspieler) lernten uns 1983 durch die gemeinsame Arbeit beim in den achtziger Jahren in Berlin für Furore sorgenden Theater 100Fleck unter der Leitung von Norbert Stockheim kennen. Der 100Fleck arbeitete zu der Zeit an der Dramatisierung des Hauptwerks von Artaud dem „Le Théâtre et son double “ („Das Theater und sein Double“) im legendären SO36 in der Oranienstrasse in Kreuzberg. In dem Buch „Die revolutionäre Botschaft der Tarahumaras“ (sehr empfehlenswert übrigens), eine Art poetischer Reisebericht Artauds von seiner Mexikoreise im Jahre 1936, erzählt er wie er beim Indianerstamm der Tarahumaras im mexikanischen Hochland nach der Einnahme von Peyotl einen ZIGURI Initiationsritus erlebt. Wow! Das hat uns damals schwer beeindruckt, außerdem gefiel uns das Wort. Wir haben dann ZIGURI EGO ZOO gegründet als Musikfraktion eines zukünftigen Theaterensembles (der Saxophonist Sebastian Rose war zu der Zeit auch noch mit dabei, ebenfalls 100FLECK). Unser Anliegen war das Theater einmal komplett von der Musik her aufzuziehen. Was dann später auch stattgefunden hat. Das war 1987.
Wir haben zu der Zeit viel in besetzten Häusern, auf Straßenfesten und in  Undergroundläden gespielt. Man muss sich das vorstellen. Das SO36 war unser Proberaum. Draußen tobte der Straßenkampf und wir haben drin Musik gemacht. Der Tränengasgeruch war der ständige Begleiter unserer Stückefindungen.
Manchmal nach der Probe, wenn wir das SO36 zugeschlossen hatten, standen wir auf einmal mitten drin im Schlamassel und wenn wir Pech hatten wurden wir mit Knüppeln, Wasserwerfern und Instrumenten unterm Arm die Oranienstraße hochgejagt. Es war eine herrliche Zeit. Kreuzberg in West-Berlin mit einer Mauer drumherum, ein Traum.
Da ist uns auch das Stück „Stop dreaming“ (wird gerade neu bearbeitet) eingefallen.
Eines Tages war die Mauer weg und wir haben viele neue Freunde in Ost-Berlin gefunden. Von da an haben wir als ZIGURI (wir sagten: ZIGURI ist die Band und ZIGURI EGO ZOO ist das Theater, das es damals noch gar nicht gab.) z.B. im Tacheles, Eimer oder Schokoladen gespielt. Ein legendäres Konzert war im Tacheles 1991 mit KRAB den Musikern von LA FURA DELS BAUS. In der Zeit sind auch die Filme „Printer`s Heart“ (16 mm) und „Bauernbeschimpfung“ (Super8) entstanden.
Bis wir es dann geschafft hatten ein Theaterensemble zusammenzustellen, die nötige Finanzierung zu bekommen und 1995 unser erstes Theaterstück „Chronica X – Die Eroberung Mexikos“ nach einem Essay von Antonin Artaud zu inszenieren. Uraufführung war im Tacheles.
Musik: Günter Schickert und Udo Erdenreich
Schauspiel: Dieter Kölsch, Roswitha Kreil, Ines Burdow, Gudrun Bär und Mänix Wilhelm
Bühnenbild: Daniel Weissroth und Zolle
Licht: Rüdiger Nagel.
Hier ein Auszug aus dem Stadtmagazin Zitty aus dem Jahre 1995:
„Genial, wie die Schauspieler Sprechhaltungen ohne Worte ausdrücken in perfekter Einheit mit der Musik. Körper und Musik verschmelzen zu klingenden Bildern, denen man sich kaum entziehen kann. Der Betrachter lehnt sich zurück und taucht endgültig in die imaginäre Welt von ZIGURI EGO ZOO.“
Voila. Mittlerweile war Sebastian Rose nicht mehr dabei, dafür kamen der Theatermusiker und Komponist Tom Horn und der amerikanische Schlagzeuger und Maler Zam Johnson dazu. Wir haben dann 1997 das Stück „Topia – Ein Blaskapellenepos“ nach Texten des Berliner Dichters PAUL SCHEERBART gemacht. Irgendwie ist die Band da mehr oder weniger im Theaterensemble aufgegangen. So das wir eigentlich keine eigenen Konzerte als Band mehr hatten sondern uns nur noch mit Theater beschäftigten. Mittlerweile hatten Udo und Dieter geheiratet und sind Väter geworden und wie das manchmal so ist veränderte sich alles. Udo konzentrierte sich mit Karen Thastum auf deren Multimedia Art Gruppe TURA YA MOYA und Günter mehr auf seine Solokarriere. Dieter hat dann ZIGURI EGO ZOO mit Roswitha Kreil und Ines Burdow noch bis 2002 weitergeführt und noch drei weitere Stücke gemacht, bis ihnen dann auch die Puste ausgegangen ist. Cest la vie.
Die wilde Zeit von ZIGURI und ZIGURI EGO ZOO war zu Ende.
(Mehr Informationen zum Theater auf www.ziguri.de)
Jeder machte jetzt alleine weiter.
Günter brachte zwei neue CDs die „Somnambul“ und „Schickert 98“ heraus, spielte mit Jacki Liebezeit in Köln, veröffentlichte die „Klaus Schulze – Günter Schickert Sessions“ bei Miromar Music, tourte mit der amerikanischen Echogitarren Band MASERATI und machte eine sehr schöne Platte mit dem palästinensischen Musiker Ghazi Barakat bei Grautag Records. Seine früheren Platten „Samtvogel“ und „Überfällig“ wurden bei Important bzw. Bureau B wiederveröffentlicht.
Udo war viel mit TURA YA MOYA in ganz Europa unterwegs, arbeitete als Theatermusiker z.B. beim RA.M.M. Theater und bei den Burgfestspielen Nideggen, vertonte alte Stummfilme für die deutsche Kinemathek und das Arsenal Institut für Film und Videokunst.
Dieter arbeitete weiter als Schauspieler an anderen Theatern wie Orphtheater, Cosmos Factory und Teatr Kreatur und spielte beim ORIGINAL OBERKREUZBERGER NASENFLÖTENORCHESTER – DER GRINDCHOR.
Und wie das manchmal so kommt. Udo und Günter spielten wieder zusammen bei der Punk-Band HAGEL und Dieter und Günter bei der Band PONYHOF. Und das Verrückte war, die beiden Bands teilten sich den gleichen Übungsraum. So haben wir uns also wieder oft getroffen. Vielleicht waren wir ja alle nicht so zufrieden in unseren jeweiligen Formationen, jedenfalls sitzen Günter und Dieter eines Abends zusammen in Dieters Küche und einer sagt den entscheidenden Satz: „Let`s put the band together again“.
Eigentlich die beste Idee der letzten Jahre. Ein Anruf bei Udo genügte und ZIGURI war wiederbelebt. Das war 2011.
Wir konnten eigentlich sofort loslegen und haben das gemacht was wir schon immer gemacht haben. Udo und Dieter ballern ihre straighte Rhythmusfraktion durch und Günter spielt seine geile Echogitarre drüber.
Dann kamen gleich zwei Konzerte mit DAMO SUZUKI und wir merkten, daß alles wie früher funktioniert. Als dann auf dem 5. Psychedelic Network Festival bzw. weiteren Konzerten in Würzburg und München auch die Kids auf unsere Musik voll abgefahren sind, war uns klar: Heidiho, lets do it.
„Alles muss haargenau in eine tobende Ordnung gebracht werden.“
um zum letzten mal Antonin Artaud zu zitieren. Also.

Viel Spass mit ZIGURI.

Dieter Kölsch
Udo Erdenreich
Günter Schickert

Berlin – Kreuzberg im April 2014